Am 29. Juni 2025 fand in Daugavpils die XXII. Konferenz der Gesellschaft der Regionalforscher von Latgale statt – nach mehreren Jahren Pause aufgrund der Covid‑19-Pandemie und der Auswirkungen des Krieges kehrten die Forschenden der Region wieder zusammen. In diesem Jahr traf man sich an einem symbolträchtigen Ort – in der Daugavpils-Synagoge, in der sich das Museum „Juden in Daugavpils und Latgale“ befindet.
Eines der Highlights der Konferenz war der Vortrag der Leiterin des deutschen Vereins ERFOLG, Olga Jesse, unter dem Titel „Wilhelm Neiman: mit Wurzeln in Deutschland, mit Lebenswerk in Lettland“. Ihre Präsentation beleuchtete nicht nur den beruflichen Werdegang des Architekten, sondern auch seinen tiefgreifenden Einfluss auf das architektonische Erscheinungsbild von Daugavpils und ganz Latgale.
Olga Jesse schilderte ausführlich den Lebensweg Neimans – von seiner Jugend in Krustpils und Dinaburg bis zum Studium an der Sankt Petersburger Kunstakademie und zur Tätigkeit als Chefarchitekt von Dinaburg (dem heutigen Daugavpils). Sie betonte, dass Wilhelm Neiman nicht nur Gebäude entwarf, sondern die Grundlagen der kulturellen Identität der Stadt legte, indem er eine Holzsiedlung in ein modernes europäisches Zentrum im eklektischen Backsteinstil verwandelte.
Nach Neimans Entwürfen wurden bedeutende Bauwerke errichtet, wie die Lutherische Kathedrale M. Luther, die römisch‑katholische Kirche der Unbefleckten Empfängnis der Heiligen Maria, die Herrenhäuser von Svente und Kalkune, das städtische Feuerwehrdepot und das Krankenhaus. Seine Werke bestimmen bis heute das historische Antlitz der Stadt.
Zum Abschluss ihres Vortrages präsentierte Olga Jesse den von der Vereinigung ERFOLG gestalteten Kalender „Wilhelm Neiman – 175!“, der zu Ehren des Architekten erstellt wurde. Der Kalender ist ein Gemeinschaftswerk von Künstlern, Fotografen und Stadtführern aus Daugavpils, in dem Neimans architektonisches Erbe aus künstlerischer und historischer Perspektive dargestellt wird. Jeder Konferenzteilnehmer erhielt ihn als Geschenk 🎁.
Neben dem Vortrag von Olga Jesse wurden auf der Konferenz weitere spannende Beiträge gehalten. Josef Ročko von der Organisation „Memory and Help“ berichtete über die Erfolge jüdischer Sportler aus Daugavpils, darunter der hervorragende Volleyballtrainer Wladimir Majzel sowie die Sportler Isaak Livšic, Michail Katz und Semjon Šterman. Inna Lobanova stellte die Sporttraditionen der 5. Oberschule vor, und Andrejs Smirnijs sprach über die 700‑Jahr‑Feier von Daugavpils und stützte sich dabei auf Archivpublikationen.
Die Konferenz erinnerte an die Bedeutung des Erhalts des kulturellen Erbes und der lokalen Geschichte sowie am Beitrag von Menschen unterschiedlicher Nationalitäten zur Entwicklung der Stadt. Symbolträchtig fand die Veranstaltung im Jüdischen Kulturmuseum statt, und einer der Beiträge war einem deutschen Architekten gewidmet, dessen schöpferisches Erbe Teil der lettischen Geschichte geworden ist.
Die Veranstaltung war nicht nur eine Plattform zum Austausch von Forschungsideen, sondern auch eine Inspirationsquelle für zukünftige Projekte zur Erforschung und Popularisierung der Geschichte Latgales.

